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Ceteris Paribus
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Wenn Ökonomen "ceteris paribus" sagen, meinen sie damit die direkte Wirkung von X auf Y, während sie davon ausgehen, dass der Rest der Welt stillsteht. Ceteris ist lateinisch und bedeutet "andere Dinge". Paribus meint "gleich". Die wörtliche Übersetzung lautet also "andere Dinge, die gleich sind”. In der Ökonomie wird jedoch “ceteris paribus” im Allgemeinen so verstanden, dass alle anderen Dinge gleich oder konstant bleiben (während man sich mit dem zu untersuchenden Aspekt befasst).
Man kann sich zum Beispiel fragen, welche Auswirkungen die Einführung eines Mindestlohns auf das Beschäftigungsniveau in einer Volkswirtschaft haben wird. Eine grundlegende wirtschaftliche Analyse des Arbeitsmarktes, wie in der Grafik unten dargestellt, könnte die Nachfrage der Arbeitgeber nach Arbeitskräften D und das (potenzielle) Angebot an Arbeitskräften S, gemessen in Arbeitsstunden pro Periode für einen bestimmten Stundenlohn, betrachten. Die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt, wenn der Stundenlohn sinkt, da es billiger wird, Arbeitskräfte einzustellen. Auf der anderen Seite steigt das Angebot an Arbeit mit steigendem Stundenlohn, da es für die Arbeitnehmer attraktiver ist, zu höheren Löhnen zu arbeiten. Auf diesem freien Arbeitsmarkt gibt es ein Gleichgewicht, und zwar dort, wo Nachfrage und Angebot aufeinander treffen. In diesem Punkt werden h*-Stunden von den Arbeitgebern zum Stundenlohn von w* (dem markträumenden Lohnsatz) in Anspruch genommen.
Vorausgesetzt, dass alles andere gleich bleibt (ceteris paribus), wird ein Mindestlohn Wm eingeführt, der höher ist als der markträumende Lohnsatz w*. Durch den höheren Stundenlohn werden die Arbeitgeber weniger Arbeitskräfte nachfragen. Es kommt zu einem Beschäftigungsrückgang (die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden sinkt von h* auf hm), wodurch unfreiwillige Arbeitslosigkeit entsteht: Obwohl es Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt gibt, die gerne mehr Stunden arbeiten würden als hm Stunden zum Mindestlohn Wm, sind die Arbeitgeber nicht bereit, für mehr als hm Stunden zum neuen Stundensatz Wm zu zahlen.
Man sollte beachten, dass diese grundlegende Analyse alle anderen Auswirkungen der Lohnerhöhung außer Acht lässt, z.B. was mit den Arbeitnehmern geschieht, die in Beschäftigung bleiben. Sie verdienen jetzt mehr pro Stunde und können ihren zusätzlichen Verdienst ausgeben, wodurch ihre Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigt. Das könnte letztendlich mehr Arbeitsplätze schaffen, als die Grafik vermuten lässt. Die Arbeitskräfte könnten auch produktiver werden, wenn Arbeitgeber sich dafür entscheiden, zunächst weniger produktive Mitarbeiter zu entlassen. Das würde die Wirtschaft in der Regel gegenüber anderen Volkswirtschaften wettbewerbsfähiger machen und zu gesteigerten Exporten führen. Dadurch würden die (inländischen) Arbeitgeber ihre Nachfrage nach Arbeitskräften wieder erhöhen.
Das obige Beispiel einer ceteris-paribus-Analyse mit ihrer Schlussfolgerung "ein Mindestlohn schafft Arbeitslosigkeit" ignoriert die Auswirkungen anderer Dinge, die möglicherweise gleichzeitig geschehen. Das Angebot an Arbeitskräften könnte zum Beispiel aufgrund demographischer Veränderungen oder aufgrund der Auswirkungen einer gleichzeitig eingeführten neuen Einkommenssteuer- oder Kindergeldpolitik wachsen oder schrumpfen. Ein realistischeres Wirtschaftsmodell könnte versuchen, einige dieser komplexen Sachverhalte zu berücksichtigen.
Ein ceteris-paribus Ansatz beinhaltet daher typischerweise eher die Analyse eines partiellen Gleichgewichts als eine Analyse des allgemeinen Gleichgewichts und konzentriert sich mehr auf die kurze als auf die mittlere oder längere Frist. Auch wenn dies aus der Sicht eines Pragmaten nicht zufriedenstellend erscheint, so hat die Vereinfachung der Welt durch eine ceteris-paribus Modellierung doch einen Vorteil: Sie erlaubt es dem Analytiker, sich jeweils auf einen Mechanismus zu konzentrieren und zu versuchen, kausale Zusammenhänge zu verstehen und zu erklären. Solange Wirtschaftsanalytiker darauf achten, Behauptungen nicht überzubewerten, schaffen ceteris-paribus-Analysen oft mehr Erkenntnis als ehrgeizige Versuche, alles was in der gesamten Wirtschaft geschieht, gleichzeitig erklären zu wollen.
Weitere Lektüre
Der Philosoph und Ökonom Daniel Hausman liefert mit "Economic Methodology in a Nutshell" (Journal of Economic Perspectives, 1989) eine kritische Auseinandersetzung zum Deduktivismus in der Wirtschaft und beschreibt wie “ceteris paribus” im Laufe der Jahre von Ökonomen (falsch) verwendet wurde.
Gut zu Wissen
Die reale Welt ist im Allgemeinen zu durcheinander, um Wirtschaftstheorien zu testen, die auf ceteris-paribus Annahmen beruhen. Trotzdem gibt es Wege das zu tun. Verhaltensökonomen entwerfen dafür Experimente, die “ceteris paribus” innerhalb einer kontrollierten Laborumgebung ablaufen. Teilnehmer an diesen Experimenten werden aufgefordert, unter bestimmten Bedingungen Entscheidungen zu treffen. Die Wissenschaftler sind dann in der Lage, die direkten Auswirkungen von beispielsweise Politikänderungen zu isolieren, indem eine Bedingung nach der anderen geändert wird, während alle anderen gleich bleiben: ceteris paribus!
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